Wenn wegen einer Viruspandemie alle Schießstände geschlossen sind…

Wer kennt das nicht: So überraschend wie Weihnachten steht die Bockjagdsaison vor der Tür und plötzlich fällt einem ein, dass noch schnelle die Waffe eingeschossen werden muss. Doch was soll man tun, wenn alle Schießstände wegen einer Pandemie geschlossen sind? Viele verlassen sich darauf, dass der Büchsenmacher die Waffe beim Kauf richtig eingeschossen hat und außerdem verändert sich die Treffpunktlage über die Jahre nicht. Ist das wirklich so? Und ist es nicht im Sinne der Waidgerechtigkeit, wenigstens die Treffpunktlage der eigenen Waffe zum Saisonbeginn zu überprüfen? Im folgenden Artikel zeigen wir, wie man ohne großen Aufwand überprüfe kann, ob die Waffe noch so wie in der letzten Saison schießt.

Ein kurzer Blick ins Waffengesetzt verrät, dass nach § 13 Abs. 6 Waffengesetz der Jäger zum Zwecke des An- und Einschießens mit seiner Waffe im Jagdrevier schießen darf. Dabei ist darauf zu achten, dass das Einschießen praktikabel ist und mit einem möglichst geringen Munitionsansatz geschieht. Na bitte! Mit diesem Paragrafen hat uns der Gesetzgeber die Möglichkeit gegeben auf einfache Art und Weise die Waffe einzuschießen. Doch was benötige ich für das Überprüfen der Waffe im Revier und was ist praktikabel?

Die Hilfsmittel

Beispiel für eine ZielscheibeIm Grunde benötigt man nicht viele Hilfsmittel, um eine Waffe im Revier anzuschiessen. Man benötigt eine Zielscheibe und min. vier Patronen. Von den Patronen, die man für das Überprüfen der Treffpunklage verwendet sollte man mindestens so viele Patronen einer Losgröße besitzen, dass diese bis zum Saisonende reichen. Als sehr zweckmäßige Zielscheibe hat sich der Anschusskarton erwiesen. Der Anschusskarton besteht aus einer Pappschachtel in Schuhkartongröße, die mit Papier, Holzwolle oder Ähnlichem gefüllt ist und auf die eine Zielscheibe geklebt wurde. Um den Karton einfacher zu transportieren, kann man den Anschusskarton noch zusätzlich an der Oberseite mit einem Tragegriff versehen. Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten geht es noch einfacher. Man bestellt sich einfach eine Pizza und erhält einen Anschusskarton (s.a. Abbildung Pizzakarton Target).

Die Zielscheiben für den Anschusskarton kann man ebenfalls sehr einfach selbst erstellen. Mit Hilfe eines Druckers kann man entweder die vorgefertigten Zielscheiben von Hubertus Fieldsports bzw. mytargets ausdrucken oder man entwirft einfach eine eigene Zielscheibe. Wichtig bei Zielscheiben ist letztendlich ein mittiger Referenzpunkt, den man mit dem Absehen seines Zielfernrohrs anvisieren kann. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es sich lohnt, um den mittleren Referenzpunkt Kreise oder Gitterlinien zu zeichnen, die das Ermitteln der Ablage vom mittleren Treffpunkt erleichtern.

Wir haben ein Beispiel für eine Anschussscheibe auf der nebenstehenden Abbildung dargestellt. Hier haben wir ein Zielkreuz mit einem weißen innenliegenden Kreuz erstellt. Das weiße Kreuz soll das Anhalten mit dem Absehen erleichtern, da man bei dieser Variante lediglich das weiße Kreuz mit dem Absehen verdecken muss und somit fast Fleck anhält. Zudem haben wir vier rote Referenzpunkte an den Ecken eingefügt, diese sind sehr gut zum Einschießen von Schonzeitbüchsen auf 50m oder für anschließende Kontrollschüsse geeignet. Ein weiterer Vorteil bei der Verwendung von abnehmbaren Beispiel für ein SplattertargetZielscheiben ist, dass man diese mit Datum und Zeit versehen kann, zudem kann man die Wetterdaten auf dieser Zielscheibe vermerken und später abheften.

Weitere Zielscheibenvarianten sind die sog. Splatter Targets. Hierbei handelt es sich um Zielscheiben, die um den Treffpunkt des Geschosses durch Abplatzen der oberen Farbschicht einen kontrastreichen Ring bilden, der mit dem Fernglas auf 100 Metern erkannt werden kann. Hierdurch spart man sich den Weg zur Zielscheibe bzw. man erhält ein sofortiges Feedback über die Treffpunktlage.

Ein weiteres Hilfsmittel zum groben Justieren der Waffe, kann eine Pufferpatrone mit integriertem Laser sein (z.B.: die SurStrike 9mm Laser Cartridge mit Adapter von Laser Ammo, den Artikel finden Sie im Anhang zu diesem Beitrag). Mit Hilfe der Laserpatrone lässt sich das Absehen auf eine festgelegte Entfernung mit der fiktiven Verlängerung des Laufes übereinanderlegen. Dies kann das Einschießen der Waffe deutlich verkürzen und spart Munition. Jedoch ersetzt das Überprüfen der Treffpunktlage mittels Laserpatrone nicht den scharfen Schuss! Jetzt fragt sich sicherlich jeder, welche Voraussetzungen es für das Anschießen der Waffe im Revier gibt.

Die Voraussetzungen für das Anschießen

Um die Waffe im Revier anzuschießen müssen folgende Voraussetzungen geschaffen werden. Man benötigt eine Schneise von 75 oder 100m Länge. Weiterhin wichtig ist, dass man einen geeigneten Kugelfang von mindestens 80cm verdichtetem Erdaushub hat und sich in der Nähe keine Wege oder Straßen mit hohem „Besucherverkehr“ befinden. Auf Grund von möglicher Splitterwirkung oder der Gefahr von Querschlägern empfiehlt es sich nicht einfach auf einen alten Baumstumpf mit angebrachtem Taschentuch zu schießen. Wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, kann man mit dem Einschießen der Waffe beginnen.

  • Vor dem ersten Schuss muss man die Waffe aus dem Winterschlaf holen, sprich reinigen und den Lauf von allen Ölen befreien. Wer einen Schalldämpfer verwendet, sollte sich vor dem ersten Schuss nochmals über den Festsitz des Schalldämpfers vergewissern.
  • Der erste Schritt ist das Aufstellen der Zielscheibe und die Beurteilung der Hintergrundgefährdung. Man muss sich versichern, dass niemand Gefahr läuft durch den Schuss gefährdet zu werden.
  • Im zweiten Schritt bezieht man dort Stellung, wo ein gezielter Schuss ohne Ablenkung durch Lichtenfall oder andere Einflüsse möglich ist. Für den Anschlag gilt der Grundsatz, je tiefer der Anschlag desto sicherer ist der Anschlag. Nicht jeder mag den liegenden Anschlag, aus diesem Grund kann man auch einen Pirschstock verwenden oder angestrichen schießen. Wir haben sogar schon gesehen, dass sich Jäger Anschusstische in Ihr Revier gebaut haben. Für den Fall, dass man keine stabile Waffenauflage hat, empfiehlt es sich immer einen Rucksack oder sogar einen Jutesack dabei zu haben, den man mit Sand füllen und als Auflage benutzen kann.
  • Danach nimmt eine Grobjustierung der Waffe vor. Dazu entnimmt man bei einer Büchse den Verschluss und schaut durch das Rohr auf das Ziel. Hierbei bringt den Ring des Patronenlagers, den Ring des Übergangskegels von Patronenlager zu Lauf und den Ring der Mündung in gleichen Abstand überein und zielt so auf die Zielscheibe. Wenn man dies getan hat, fixiert man die Waffe und justiert grob das Absehen auf die Zielmitte der Zielscheibe. Der geübte Schütze schafft es mit einer Genauigkeit von 10cm auf 100 Meter. Einfacher und schneller ist die Verwendung einer Laserpatrone.
  • Im letzten Schritt gibt man eine Drei-Schuss-Gruppe auf das Ziel ab, ermittelt den mittleren Treffpunkt und die Ablage zur Zielmitte und justiert ggf. das Zielfernrohr neu.

 

Fazit

Der Gesetzgeber hat die rechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen, dass man auf einfache Art und Weise die Treffpunktlage zum Saisonbeginn im eigenen Revier überprüfen kann ohne, dass man einen Schiesstand besuchen muss. Aus unserer Sicht gehört es zur Waidgerechtigkeit, dass die Waffe sauber eingeschossen ist und der Jäger die Funktionalität seines „Werkzeugs“ überprüft hat. Dazu kommt, dass durch die momentan vorherrschende Ausgangsbeschränkung die meisten Schießstände geschlossen sind und man somit das Einschießen im Revier die einzige Möglichkeit des Handelns ist.

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