Ab und zu werden wir von Kunden mit speziellen Fragen zum Thema Schießtechnik angeschrieben. Vor Kurzem haben wir von einem unserer Seminarteilnehmer folgende Situation geschildert bekommen. Er hat vom Hochsitz ein Stück Rehwild in steilem Winkel beschossen und hat das Stück unterschossen. Die Grundlagen des Winkelschießens hat er jedoch verstanden. Was ist hier passiert?
Um alle Leser abzuholen verweisen wir gerne auf einen Artikel zum Thema Winkelschießen, der auf dem Deutschen Jagdblog erschienen ist. In diesem Artikel beschreibt der Autor die Theorie hinter weiten Schüssen im Gebirge und den Einfluss des Winkels in dem man schießt. Zudem sollten Sie bevor Sie diesen Artikel lesen, die Grundsätze des Einschießens von Büchsen sowie die Begrifflichkeiten in diesem Zusammenhang kennen. Wenn die Grundsätze sitzen widmen wir uns der Frage:
Wieso wurde das Reh unterschossen?
In unserem Artikel die Büchse richtig einschießen haben wir Grafik zur Pointblank range veröffentlicht, wenn wir uns diese Grafik ins Gedächtnis zurückrufen und diese etwas anders betrachten, wird der wahrscheinliche Grund für das Unterschießen schnell klar. Auf der nebenstehenden Grafik haben wir die Pointblank Range nochmals dargestellt und lediglich den Bereich, der für Schüsse auf kurze Distanz relevant ist, rot markiert. Sollten Sie Ihre Waffe 4cm hoch auf 100m eingeschossen haben schneidet das Geschoss das erste Mal die Visierlinie irgendwo bei 35m. Dieser Wert ist stark von Ihrer persönlichen Waffenkonfiguration abhängig!
Nun wollen wir anhand eines etwas überzeichneten Beispiels den Winkelschuss auf kurze Distanz darstellen. In unserem Beispiel denken wir uns eine Büchse mit 8cm Visiererhöhung und unterstellen ein 168gr .308 Win Geschoss. Bei dieser Konfiguration schneidet das Geschoss die Visierlinie das erste Mal bei 55 m und das zweite Mal bei 190 m. Schießt man jetzt auf einer Distanz unterhalb von 55 m, wird man folglich immer einen Tiefschuss haben.
Auf der nebenstehenden Abbildung sehen Sie eine Jagdszene, die der durch unseren Seminarteilnehmer geschilderten ähnlich sein kann. In der dort gezeigten Situation schießt ein Schütze aus einer 8 m überhöhten Position auf ein Reh, welches nur 15 m entfernt steht. Mit der oben dargestellten Waffenkonfiguration schießt man auf diese Entfernung knapp 6 cm tief. Der Schütze wird aber vermutlich wie gewohnt auf der Blattlinie angehalten haben. Beim Schießen auf ein horizontal stehendes Ziel würde ein Tiefschuss von 6cm das Stück strecken. Der Schuss könnte sogar noch im Leben liegen, ohne dass man den Haltepunkt verändern müsste. Allerdings muss man an beim Winkelschuss beachten, dass man auf ein dreidimensionales Ziel schießt. Möchte man nun das Stück Rehwild genau treffen, so muss man den Haltepunkt zwangsläufig nach oben korrigiert werden. Das bedeutet, dass man nicht nur 6 cm höher anhalten muss, sondern zusätzlich das Schießen auf dreidimensionale Ziele bedenken sollte. Um die Kammer genau zu treffen muss der Haltepunkt über die 6cm hinaus nach oben verlegt werden. Beachtet man dies nicht, droht die Gefahr das Stück zu unterschießen. Die nebenstehende Abbildung soll diesen Effekt aus verschiedenen Betrachtungswinkeln verdeutlichen.
Im Grund hilft da eigentlich nur Üben und praktisch Erfahrung zu sammeln. Allerdings sind derartig jagdliche Situationen nicht der Jägeralltag. Der Winkelschuss auf kurze Distanz ist damit eine besondere Situation. Auf einem herkömmlichen DJV Schießstand lässt sich dies nicht üben.
Man kann dennoch einige Schritte angehen, um dieser besonderen Jagdsituation nicht unbedarft gegenüber zu stehen und böse überrascht zu werden. Zuerst sollte man sich genau über die Konfiguration seiner Waffe bewusstwerden, den ungefähren Abstand der Visierlinie zur Laufseelenachse ausmessen und mittels eines Ballistikrechners die persönliche Geschossflugbahn berechnen. Für diesen Zweck reichen die kostenlosen Rechner von Strelok vollkommen aus. Beim Vermessen der Waffe können Sie folgendermaßen vorgehen, die nebenstehende Grafik zeigt es nochmal an einer Waffe:
- Messen Sie den Durchmesser des Verschlusses
- Messen Sie den Außendurchmesser des Okulars
- Messen Sie den Abstand von der Unterkante des Verschlusses zur Oberkante des Okulars
- Subtrahieren Sie den halben Verschlussdurchmesser und den halben Okulardurchmesser von der Gesamthöhe und Sie erhalten die Visiererhöhung (meisten ca. 6cm)
Wenn Sie Ihre Waffe vermessen und die ballistische Kurve berechnet haben, können Sie die Werte einfach auf dem Schießstand für die kurzen Distanzen überprüfen und wissen für die Zukunft, wie Sie Ihren Haltepunkt verlegen müssen. Grundsätzlich lässt sich in der Praxis auch folgende Faustformel anwenden: Wählen Sie als Haltepunkt stets die Hälfte des Bereiches, den Sie tatsächlich sehen. Das bedeutet, dass Sie das nächste Mal beim Winkelschuss auf kurze Distanz nicht auf der sonst üblichen Blattlinie anhalten, auch wenn das bedeutet Ihren Haltepunkt bis fast auf den Rücken zu verlegen.
Eine Möglichkeit diese Schießübung durchzuführen, ist das Training mit einer Laserpatrone und entsprechenden elektronischen Zielen. Wir bieten hierfür die SureStrike Cartridge der Firma Laser Ammo an. Diese können Sie mit den Reaktiven Zielen (I-MTTS) der Firma Laser Ammo kombinieren, um auf sichere Weise diese Schüsse zu trainieren. Alle Artikel finden Sie im Anhang an diesen Artikel. Zusätzlich Gasti für den Deutschen Jagdblog ein Video erstellt, welhes das Schießen auf kurze Distanz vom Hochsitz nochmals darstellt: